Lost in Translation

Lost in Translation drama, romance, comedy
Kinostart
03.10.2003
Produktionsland
USA, Japan
Genre
Spache
English, Japanese, German, French
Drehbuch
IMDB
7.8 (353130 Stimmen)
Metascore
89
95 %
Cover: Lost in Translation
Der alternde US-amerikanische Filmstar Bob Harris reist für eine Woche nach Tokio, um dort seine schwindende Popularität für eine Whisky-Werbung zur Verfügung zu stellen. Im selben Hotel wohnt die Amerikanerin Charlotte, die junge Ehefrau eines flippigen Boulevard-Fotografen. Dieser wurde vom Verlag der Illustrierten, bei welcher er arbeitet, für eine mehrtägige Auftragsarbeit nach Japan geschickt. Charlotte hat erst kürzlich ihr Philosophiestudium absolviert. Während ihr Mann tagsüber seiner Arbeit nachgehen muss und ihm sein hektischer Job kaum Zeit für seine Frau lässt, bleibt Charlotte allein im Hotel zurück. Um die Zeit bis zu Johns Rückkehr zu überbrücken, blättert sie in Zeitungen, unternimmt kleine Spaziergänge oder schaut einfach nur gelangweilt aus ihrem Zimmer hoch über der Stadt in die Straßenschluchten Tokios hinunter. Nachts kann sie nicht schlafen. Als sie ihren Mann einmal zu einem Treffen mit den Stars, die er fotografiert, begleitet, wird ihr bewusst, wie oberflächlich seine Welt und wie fehl am Platze sie an seiner Seite ist. So beginnt sie, an dem Sinn dieser Reise zu zweifeln, ihre Ehe in Frage zu stellen und sich der Ziellosigkeit ihres eigenen Lebens bewusst zu werden.

In der Hotelbar trifft sie auf Bob Harris, in dessen 25-jähriger Ehe es ebenfalls an Erotik fehlt, wie die wortkargen Telefongespräche mit seiner Frau andeuten. Wie Charlotte leidet auch er an Schlaflosigkeit und fühlt sich in Tokio fremd und verloren. Symptomatisch ist der Dreh des Whisky-Spots, in dem sich der Titel des Films manifestiert: Der japanische Regisseur gibt Bob ausführliche Anweisungen, wie er sich bei der Szene zu verhalten habe, die Dolmetscherin aber fasst diese jeweils in nur einem einzigen, einfachen Satz zusammen.[3] Der eigentliche Inhalt geht also buchstäblich „in der Übersetzung verloren“, ist also lost in translation.

Die Einsamkeit macht das ungleiche Paar zu Komplizen. Schlaflos und müde vom Jetlag, aber nicht ohne Galgenhumor angesichts ihrer eigenen Verlorenheit und Sprachlosigkeit in der fremden Metropole, schließen sie Freundschaft und streifen gemeinsam, wenn auch nach wie vor ziellos, durch das nächtliche Tokio. Was das ungleiche Paar vereint, sind Melancholie und Resignation: Bob, der schon am Ende seiner Ehe steht und dessen routinemäßigen Ferngespräche mit seiner Frau Lydia die ganze Banalität seines Familienlebens verraten, spürt durch die Gegenwart Charlottes den Verlust seiner einstigen Liebe und Lebenslust umso schmerzlicher; Charlotte, die noch am Anfang ihrer Ehe steht, sieht sich in Bob mit der drohenden Aussicht konfrontiert, dass sich ihr leeres und einsames Eheleben – entgegen Bobs halbherzigen Beteuerungen – wohl auch in Zukunft nicht bessern wird, im Gegenteil. Dabei sorgt nicht nur der beträchtliche Altersunterschied zwischen dem väterlich weisen, aber tapsigen Bob und der neugierigen, einfühlsamen Charlotte, sondern auch der große kulturelle Gegensatz zwischen der japanischen und der amerikanischen Welt immer wieder für Komik, sodass die melancholische Atmosphäre permanent ironisiert und die latente, in ruhigen und traumähnlichen Bildern eingefangene Untergangsstimmung nicht ohne Heiterkeit und Kontemplation inszeniert wird.

Die platonische Freundschaft scheint vorübergehend Schaden zu nehmen, als Bob nach einem betrunkenen One-Night-Stand mit einer gleichaltrigen Sängerin am folgenden Morgen von Charlotte überrascht wird. Enttäuscht zieht sie sich von Bob zurück und versöhnt sich mit ihm erst kurz vor seinem Rückflug wieder, als beide das Hotel bei einem Übungsalarm der Feuerwehr verlassen müssen. Als Bob am nächsten Morgen abreist, sieht er auf dem Weg zum Flughafen Charlotte zufällig noch ein letztes Mal in einer belebten Fußgängerzone. Er läuft zu ihr hin, umarmt sie, flüstert ihr etwas ins Ohr und gibt ihr einen Abschiedskuss. Während er langsam vor ihr zurückweicht und allmählich von der Menschenmenge verschluckt wird, blickt sie ihm lange lächelnd nach.

Andre Schneider